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Berichte zur Kategorie "Ausbildung"

Zweimal hat es Wumm gemacht

|  Ausbildung
Vorbereitung des Sprengstoffes, Thomas Ernst (THW Viernheim) ganz rechts

Am Samstag den 20.06.2009 sprengte das THW auf dem Gelände der Südzucker AG in Groß-Gerau einen 60 Meter hohen Ziegelsteinkamin und einen 50 Meter hohen Kalkofen. Der Kalkofen, der im unteren Bereich aus Stahlbeton bestand, hatte seitlich einen Stahlgittermast angebaut, der auch fallen sollte. Sprengberechtigte aus dem THW Landesverband Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland stellten sich der Herausforderung. Der Präsident des THW, Albrecht Broemme, lies es sich nehmen, die Sprengungen zu beobachten.

Der Umgang mit Sprengstoff hat im THW Tradition. Es gibt mehrere Fachgruppen Sprengen, die sich mit Sprengtechnik befassen. Denn wenn die Leistungsfähigkeit technischer Geräte an ihre Grenzen stößt oder deren Einsatz keinen Erfolg verspricht, dann kann moderne Sprengtechnik helfen das Leben von Menschen und Tieren zu retten und Sachwerte zu erhalten.

Natürlich muss der Umgang mit dem brisanten Sprengstoff geübt werden. Deshalb ist es unerlässlich, dass die Sprengberechtigten ständig üben um die Leistungsfähigkeit des Sprengstoffes richtig einschätzen zu können. Die Oberaufsicht über die Sprengübung hatte der Sprengberechtigte und stellvertretende Landesbeauftragte Ulf Langemeier.

Die Sprengobjekte auf dem Gelände der Südzucker AG boten den anwesenden Sprengberechtigten verschiedener THW Ortsverbände gleich drei unterschiedliche Materialien zum Üben: Ziegelmauerwerk, Stahlbeton und Stahl.

Langemeier betonte, dass umfangreiche Vorbereitungen und Berechnungen der tatsächlichen Sprengung voraus gehen.
"Bei der Sprengung von Stahlbeton wird der Beton zerbröselt und herausgeschleudert. Die Stahlarmierung bleibt zunächst noch stehen. Die Sprengberechtigten müssen nun die erforderliche Knicklänge der Stahlarmierung berechnen damit der Kalkofen nach vorne abknickt", so Langemeier. "Zusätzlich muss noch eine Windlastkalkulation erfolgen, da die Sprengobjekte bereits im Vorfeld mit Mauerdurchbrüchen versehen werden." 

Jedes der insgesamt 250 Bohrlöcher im Stahlbeton wurde mit 90 Gramm Sprengstoff und dem dazugehörigen Zünder geladen. Dann wurden die Bohrlöcher mit Bauschaum verschlossen. Dies hat den Vorteil, dass die Explosion des Sprengstoffes nicht aus dem Bohrloch verpuffen kann, sondern in das zu sprengende Material geleitet wird. Es wurde gelatinöser Sprengstoff auf Basis von Nitroglykol verwendetet. Gezündet wurde elektrisch.

Dieser Sprengstoff wurde ebenfalls für die Sprengung des 60 Meter hohen Kamins aus Ziegelmauerwerk genutzt. So wie beim Kalkofen, entschied man sich auch hier für das sogenannte "Fallrichtungssprengen" des Bauwerks. Dazu musste mehr als die Hälfte des Mauerwerkes weg gesprengt werden. Durch die Sprengung entstand das sogenannte Maul, darüber fiel der Kamin dann in die gewünschte Richtung. Die Zünder der Sprengladungen waren mit Verzögerungen von 25 Millisekunden versehen. Somit detonierten die Ladungen symmetrisch von der Mitte nach Außen. Für das Ziegelmauerwerk des Kamins waren nur 58 Bohrlöcher für Sprengladungen erforderlich.

Eine Besonderheit stellte das Niederlegen des Stahlturmes dar. Hier wurden spezielle Hohlladungen aus Plastiksprengstoff angebracht, die die Energie der Explosion auf einen bestimmten Bereich lenken können. So entstanden durch die Schneidladung saubere Trennschnitte. Der Kalkofen und der mit ihm verbundene Stahlgittermast sollten zeitgleich fallen. Deshalb wurde wegen der unterschiedlichen Trägheit der Gebäude die Schneidladungen des Stahls mit einer zuvor berechneten Verzögerung zum Stahlbeton gezündet.

Gesprengt werden konnte nur in zwei engen Zeitfenstern, da eine Bahnlinie nahe am Betriebsgelände vorbei führte. Die Sprengung lockte zahlreiche Zuschauer an.

Bei der Abschlussbesprechung lobte der Präsident des THW, Albrecht Broemme, die perfekt durchgeführten Sprengarbeiten, betonte aber auch, dass die Sprengung der hohen Gebäude die Silhouette einer Stadt nachhaltig ändert. Hatten noch vor einiger Zeit viele Menschen in der Zuckerfabrik gearbeitet, so bedeutet die Sprengung der Gebäude das unwiederkehrbare Ende einer Epoche.

Verantwortliche Sprengberechtigte waren Michael Kraus für den Kamin, Ortrud Blatt für den Kalkofen, Ronny Bier für den Stahlgittermast. Anwesend für das Gewerbeaufsichtsamt war Herr Wark. 

Vom THW Viernheim waren der Sprengberechtigte Winfried Engel und der Sprenghelfer Thomas Ernst an der Sprengung beteiligt.

Sprengobjekt Kamin mit Fahrzeug der Fachgruppe Sprengen im Vordergrund
Sprengobjekt: Kamin 60 Meter hoch
Kamin fällt
Polizeikräfte bei der Besichtigung des Geländes
Vorbereitung des Sprengstoffes
Ulf Langemeier, stellvertretende Landesbeauftragte und Sprengberechtigter (Oberaufsicht)
Vorbereitung zur Sprenung, Anbringen des Schutzflieses kurz vor der Sprengung
Vorbereitung der Sprengladungen am Stahlgittermast
Sprengobjekt: Kalkofen mit Stahlbetonfundament und rechts der angebaute Stahlgittermast
Sprengung, Kalkofen im freien Fall
Stahlgittermast nach der Sprengung
Stahlbetonfundament des Kalkofens nach der Sprengung
Präsident des THW Albrecht Broemme (Zweiter von Links), Ulf Langemeier (rechts)
Gruppenbild aller Beteiligten vom THW